Arten von Abweichungen
Im Trockenbau sind es vorwiegend Abweichungen von Anwendbarkeitsnachweisen für Bauarten oder Konstruktionen nach Norm, mit denen die Fachunternehmen konfrontiert sind. Auch müssen sich Planer und Fachunternehmen mit Abweichungen von Montagerichtlinien für Bauprodukte befassen, z.B. beim Einbau von Brandschutztüren in Wände, die nicht den Vorgaben des Herstellers entsprechen.
Die Grundlage für den Umgang mit oben genannten Abweichungen bilden die Landesbauordnungen. Die Musterbauordnung 20161 (MBO 2016) wird in diesem Merkblatt stellvertretend herangezogen. Es ist zu beachten, dass für die MBO 2016 das Thema der Verwendbarkeitsnachweise für Bauarten überarbeitet wurde und die Landesbauordnungen von den Vorgaben der Musterbauordnung abweichen können.
Für Bauarten und Bauprodukte werden, wie in der Abb. 1 dargestellt, folgende Abweichungen unterschieden:
- Abweichungen von einer Bauart bzw. einem Bauprodukt nach Technischen Baubestimmungen
- Abweichungen von Anwendbarkeitsnachweisen für Bauarten
- Abweichungen von Verwendbarkeitsnachweisen für Bauprodukte
- Abweichungen bei CE-gekennzeichneten Bauprodukten
Im Trockenbau liegt eine Abweichung von einem Anwendbarkeitsnachweis vor, wenn z. B. Vorgaben an die verwendeten Baustoffe oder die anschließenden Bauteile nicht eingehalten werden. Jede Abweichung stellt einen individuellen Einzelfall dar, der als solcher genau durchdacht und bewertet werden muss.
Was tun bei einer Abweichung?
Arten von Abweichungen auf Grundlage der MBO 2016
Abweichungen von einer Bauart nach Technischen Baubestimmungen kommen vor, wenn das Fachunternehmen geregelte Konstruktionen nach Norm baut, z. B. Wandkonstruktionen mit Anforderungen an den Brandschutz nach DIN 4102-4 oder mit Anforderungen an den Schallschutz nach DIN 4109-33, unter Berücksichtigung der zugehörigen weiterführenden Normen, wie z.B. DIN 18181-Gipsplatten im Hochbau. Von den in den Technischen Baubestimmungen enthaltenen Ausführungsregelungen für Bauarten kann abgewichen werden. Es wird zwischen wesentlichen Abweichungen und nicht wesentlichen Abweichungen unterschieden. Eine nicht wesentliche Abweichung gilt als Übereinstimmung. Erst eine wesentliche Abweichung von einer Technischen Baubestimmung erfordert einen gesonderten Nachweis: für Bauprodukte einen Verwendbarkeitsnachweis in Form einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ), eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses (abP) oder einer Zustimmung im Einzelfall (ZiE), und für Bauarten ein Anwendbarkeitsnachweis, wie eine allgemeine Bauartengenehmigung (aBG), ein abP für Bauarten oder eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung.
Abweichungen von Anwendbarkeitsnachweisen für Bauarten erfassen abweichende Ausführungen bei Bauarten, die nach einem Anwendbarkeitsnachweis errichtet werden. Der richtige Umgang ist für Fachunternehmen im Trockenbau wichtig, da sie häufig Bauarten nach aBG oder abP bauen. Werden die Vorgaben dieser zugrundeliegenden Nachweise nicht eingehalten, wird zwischen wesentlichen Abweichungen und nicht wesentlichen Abweichungen unterschieden. Eine nicht wesentliche Abweichung gilt bei Bauarten als Übereinstimmung mit dem Anwendbarkeitsnachweis. Eine wesentliche Abweichung von den Vorgaben des Anwendbarkeitsnachweises führt zu einer vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung. Bei Bauarten bescheinigt der „Anwender“ die Bedeutsamkeit der Abweichung. Im Trockenbau ist dies das Fachunternehmen, das die Konstruktion einbaut.
Abweichungen von Verwendbarkeitsnachweisen für Bauprodukte betreffen die Fachunternehmen im Bereich Trockenbau selten, da Bauprodukte fertig mit Übereinstimmungserklärung bzw. - zertifikat des Herstellers bezogen werden. Der Hersteller allein ist für eine Abweichung bei seinem Bauprodukt verantwortlich. Wegen der zunehmenden Harmonisierung von Bauprodukten für den europäischen Marktzugang gibt es speziell im Bereich des Trockenbaus kaum noch Produkte auf Grundlage eines nationalen Verwendbarkeitsnachweises, Ausnahme bilden z. B. Brandschutzklappen für Unterdecken und Türen mit Anforderungen an den Rauchschutz, die mit einem Übereinstimmungszeichen (Ü‑Zeichen) gekennzeichnet sein müssen. Abweichungen treten hier bei Fachunternehmen im Trockenbau nicht vom Bauprodukt selber auf, sondern nur von der zugehörigen Einbauanleitung.
Abweichungen von CE-gekennzeichneten Bauprodukten sind nicht vorgesehen. Als Verwendbarkeitsnachweis für europäisch harmonisierte Bauprodukte gilt die Leistungserklärung. Hier werden die wesentlichen Merkmale des Bauproduktes erklärt. Ein Bauprodukt, das die CE-Kennzeichnung trägt, darf verwendet werden, wenn die erklärten Leistungen den in der Bauordnung festgelegten Anforderungen für diese Verwendung entsprechen. Randbedingungen des Einbaus werden in einer Montageanleitung angegeben. Weichen die Randbedingungen auf der Baustelle von den Vorgaben der Montageanleitung ab, ist keine Möglichkeit der Abweichung vorgesehen. Es ist Aufgabe der am Bau beteiligten Planer und Fachunternehmen zu entscheiden, ob die „Defizite“ so gering sind, dass von der Erfüllung der Bauwerksanforderungen trotzdem ausgegangen werden kann.

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