Beurteilung einer Abweichung
Das Fachunternehmen im Trockenbau hat z. B. bei Fragen des Brandschutzes nicht die Erfahrung, um sachgerecht beurteilen zu können, ob eine Abweichung tatsächlich nicht wesentlich ist. Zur Beurteilung einer Abweichung von einem Anwendbarkeitsnachweis werden häufig ergänzende gutachterliche Stellungnahmen herangezogen. Diese werden von erfahrenen Sachverständigen und/oder Prüfstellen als Unterstützung zur Beurteilung einer Abweichung erstellt. Die Stellungnahmen befassen sich beispielsweise mit Anschluss- und Ausführungsdetails, die nicht durch den dazugehörigen Anwendbarkeitsnachweis abgedeckt sind. Allgemeine Gutachten werden oftmals zusammen mit dem Anwendbarkeitsnachweis vom Hersteller zur Verfügung gestellt. Sie bilden jedoch nicht den individuellen Einzelfall ab. Das Fachunternehmen muss beachten, dass gutachterliche Stellungnahmen keinen Ersatz und keine rechtskräftige Erweiterung für den Anwendbarkeitsnachweis darstellen. Sie sind eine Basis oder ergänzender Bestandteil der Beurteilung einer nicht wesentlichen Abweichung durch das Trockenbauunternehmen.
Gemäß der Obersten Baubehörde Bayern4 liegt eine wesentliche Abweichung vor, wenn „die Anwendung der gewählten Bauart angesichts der vorliegenden Abweichung(en) nicht mehr zweifelsfrei beurteilt und nachgewiesen werden kann. Die Feststellung, ob eine wesentliche Abweichung vorliegt, ist grundsätzlich vom Hersteller/Anwender zu treffen. Im Zweifelsfalle kann der Betroffene die Abweichung(en) mit Hilfe einer Stelle abklären, die auf dem jeweiligen Gebiet als Prüf-, Überwachungs- oder Zertifizierungsstelle5 bauaufsichtlich anerkannt oder für die Erteilung allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassungen bzw. Prüfzeugnisse zuständig ist.“
Eine Abweichung ist wesentlich, wenn die Anwendbarkeit der gewählten Bauart angesichts der vorliegenden Abweichung(en) nicht mehr zweifelsfrei beurteilt und nachgewiesen werden kann. Die klare Grenze zwischen einer wesentlichen Abweichung und einer nicht wesentlichen Abweichung ist nicht eindeutig geregelt. Die Freigabe einer nicht wesentlichen Abweichung ist vor der Ausführung der Arbeiten mit dem Auftraggeber, dem Antragssteller des Anwendbarkeitsnachweises und den verantwortlichen Planern abzuklären. Wird die Abweichung als eine wesentliche Abweichung beurteilt, ist rechtzeitig vor der Ausführung bei der obersten Bauaufsicht eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung zu beantragen.
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