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Schluss

Fazit

Abweichungen von Anwendbarkeitsnachweisen sind im Trockenbau häufig, vom Fachunternehmen jedoch nur eingeschränkt als wesentlich oder nicht wesentlich zu beurteilen. Es empfiehlt sich, bei Abweichungen Rücksprache mit dem Antragsteller des Anwendbarkeitsnachweises sowie mit den beteiligten Planern und dem Auftraggeber zu halten, um gemeinsam die Einordnung der Bedeutsamkeit der Abweichung vorzunehmen.

Mit seiner Übereinstimmungserklärung bescheinigt der Fachunternehmer als Anwender, dass er das Bauteil gemäß des gültigen Anwendbarkeitsnachweises (z. B. abP oder aBG) erstellt hat. Die Übereinstimmung mit dem Nachweis liegt auch dann vor, wenn von diesem nicht wesentlich abgewichen wird. Bei einer wesentlichen Abweichung ist für Bauarten eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung bei der obersten Bauaufsichtsbehörde zu beantragen.

Abweichungen - Aus der Praxis

Im Folgenden werden einige Beispiele aus der Praxis dargestellt. Es ist zu beachten, dass die Einordnung des Grades der Bedeutsamkeit der Abweichung immer einzelfallabhängig ist.

Folgende Situationen werden im Trockenbau häufig als nicht wesentliche Abweichungen vom Anwendbarkeitsnachweis erklärt:

  • Eine nichttragende Trennwand mit Anforderungen an den Brandschutz wird mit einer geringfügig höheren Einbauhöhe als im abP ausgewiesen eingebaut, z. B. mit einer Höhe von 4,04 m statt 4,00 m.
  • Eine Unterdecken-Unterkonstruktion mit Anforderungen an den Feuerwiderstand von unten wird mit anderen gleichwertigen Abhängern als im abP geprüft ausgeführt.
  • Die Ausbildung des Eckanschlusses einer Trennwand ist nicht rechtwinklig ausgeführt, wie im abP aufgeführt, sondern wird als schiefwinklige Konstruktion ausgebildet.

Folgende Beispiele hingegen führen in vielen Fällen zu einer wesentlichen Abweichung, was auf der Baustelle unter Umständen den Rückbau der gesamten Konstruktion zur Folge haben kann:

  • Eine nichttragende Trennwand mit Anforderungen an den Brandschutz wird mit einer deutlich höheren Einbauhöhe als im abP nachgewiesen eingebaut, z. B. mit einer Höhe von 5,50 m statt 4,00 m.
  • Eine Unterdecken-Unterkonstruktion mit Anforderungen an den Feuerwiderstand von unten wird mit anderen nicht gleichwertigen Abhängern als im abP geprüft ausgeführt.
  • Der Anschluss einer Unterdecke erfolgt an eine Trennwand, die nicht im abP aufgeführt ist.
  • Aufgrund von Umplanungen wird der Einbau eines anderen Brandschottsystems vorgesehen, als bei der Erstellung der Öffnung in der Trennwand vorgesehen wurde, womit die Vorgaben für den Einbau nicht eingehalten werden können.

Begriffe - Wichtig zu wissen

aBG (allgemeine Bauartgenehmigung)

Die aBG stellt einen Anwendbarkeitsnachweis für eine Bauart dar. Die aBG wurde mit der Aktualisierung der MBO 2016 für Bauprodukte anstelle der abZ eingeführt.

abP (allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis)

Das abP stellt einen Verwendbarkeitsnachweis für ein Bauprodukt oder einen Anwendbarkeitsnachweis für eine Bauart dar.

Beispiel: Nichttragende innere Trennwand F 90-A nach abP, abgehängte Unterdeckenkonstruktion F 90-A nach abP.

abZ (allgemeine bauaufsichtliche Zulassung)

Eine abZ stellt einen Verwendbarkeitsnachweis für Bauprodukte dar.

Beispiel: Abschottung von Kabeldurchführungen oder Durchführung brennbarer Rohre mit Ü-Zeichen auf Grundlage einer abZ.

Anwender

Der Anwender ist der Errichter einer Bauart, also das Fachunternehmen im Trockenbau, das die Konstruktion errichtet. Der Anwender bescheinigt die Übereinstimmung der Bauart mit der TBb oder dem Anwendbarkeitsnachweis.

Anwendbarkeitsnachweis

Der Anwendbarkeitsnachweis gilt speziell für Bauarten (anstelle des Verwendbarkeitsnachweises für Bauprodukte). Er wird erforderlich für ungeregelte Bauarten und wenn Bauarten von den eingeführten TBb wesentlich abweichen. Anwendbarkeitsnachweise sind aBG, abP und vorhabenbezogene Bauartgenehmigung.

Bauart

Bauart ist das Zusammenfügen von Bauprodukten z. B. zu Bauteilen, Gebäuden oder Gebäudeteilen. Eine Bauart wird auf Basis einer TBb, einer aBG, eines abP oder einer vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung erstellt.

Beispiel: Nichttragende innere Trennwand nach DIN 4102‑4, Unterdecke nach DIN 18168 oder vorgenannte Bauteile nach abP.

Bauprodukt

Bauprodukte sind z. B. Produkte und Baustoffe, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden. Die Verwendbarkeit wird national über die eingeführten TBb sowie abZ, abP oder ZiE geregelt. Europäisch harmonisierte Bauprodukte mit CE-Kennzeichen erklären ihre wesentlichen Merkmale über eine Leistungserklärung, die Grundlage für die Bewertung der Verwendbarkeit ist.

Beispiel: Brandschutztür nach abZ, Gipsplatte nach DIN EN 520.

Bauteil

Bauteile übernehmen z. B. tragende, aussteifende und raumabschließende sowie brand- und schallschutztechnische Funktionen in einem Gebäude.

Beispiel: Trennwand, Decke, Stütze.

Hersteller

Ein Hersteller stellt ein Bauprodukt her. Er bestätigt für ein Bauprodukt die Übereinstimmung mit einer TBb oder dem Verwendbarkeitsnachweis. Bei Bauarten entspricht dies dem Anwender.

MBO (Musterbauordnung)

Die MBO soll die dem Landesrecht unterliegenden Landesbauordnungen vereinheitlichen. Die aktuelle Fassung stammt aus dem Jahr 2016 (MBO 2016) und beinhaltet maßgebliche Anpassungen aufgrund der Vorgaben der Bauproduktenverordnung (BauPVO).

Technische Baubestimmungen (TBb)

Technische Baubestimmungen sind durch öffentliche Bekanntmachung eingeführte, technische Regeln (insbesondere DIN-Normen). Die TBb nach MBO 2016 enthalten eine nicht abschließende Liste von Bauprodukten und Bauarten, die keines gesonderten Verwendbarkeitsnachweises bzw. Anwendbarkeitsnachweises bedürfen. Das Deutsche Institut für Bautechnik macht die TBb als Verwaltungsvorschrift (MVV TB) bekannt.

Beispiel: Bauteile nach DIN 4102-4 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen“, DIN 18168-1 „Gipsplatten-Deckenbekleidungen und Unterdecken“.

Ungeregelte Bauarten und Bauprodukte

Wenn es für eine Bauart bzw. ein Bauprodukt keine eingeführte TBb und keine allgemein anerkannte Regel der Technik gibt, handelt es sich um sogenannte „ungeregelte“ Bauarten bzw. Bauprodukte. Ungeregelte Bauarten erfordern einen gesonderten Anwendbarkeitsnachweis, ungeregelte Bauprodukte einen Verwendbarkeitsnachweis.

Verwendbarkeitsnachweis

Der Verwendbarkeitsnachweis gilt für Bauprodukte. Er wird erforderlich für ungeregelte Bauprodukte und wenn ein Bauprodukt von den eingeführten TBb wesentlich abweicht. Verwendbarkeitsnachweise sind abP, abZ und ZiE.

Vorhabenbezogene Bauartgenehmigung

Durch die Aktualisierung der MBO 2016 benötigen Bauarten, die nicht unter eingeführte TBb fallen und für die keine aBG oder kein abP vorliegt, bzw. die wesentlich davon abweichen, eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung durch die oberste Bauaufsichtsbehörde (anstelle der ZiE für Bauprodukte).

ZiE (Zustimmung im Einzelfall)

Bauprodukte, die nicht unter eingeführte TBb fallen und für die keine abZ oder kein abP vorliegt, bzw. die wesentlich davon abweichen, bedürfen einer Zustimmung im Einzelfall (ZiE) durch die oberste Bauaufsichtsbehörde. Für Bauarten wurde nach MBO 2016 anstelle der ZiE die vorhabenbezogene Bauartgenehmigung eingeführt.

Merkblatt 04 - Umgang_mit_Abweichungen 2.Auflage 2018.pdf