Baurechtliche Anforderung zur Verwendung von Bauprodukten und Bauarten
Grundsätzlich ist die Verwendung von Bauprodukten über das Bauordnungsrecht in Deutschland im Kompetenzbereich der jeweiligen Bundesländer angesiedelt. Für die Herstellung und das Inverkehrbringen von Bauprodukten im europäischen Wirtschaftsraum gelten jedoch auch übergeordnete europäische Regelungen.
Die Bauordnung / Musterbauordnung (MBO 2016)
In der Musterbauordnung sind grundsätzliche Regelungen und Anforderungen des Bauordnungsrechts aber auch Begriffserklärungen enthalten. Gemäß § 3 Satz 1 MBO 2016 gilt:
„Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden; dabei sind die Grundanforderungen an Bauwerke […] zu berücksichtigen.“
Die Landesbauordnung (LBO) des jeweiligen Bundeslandes soll sich an der Musterbauordnung orientieren.
Zur Spezifizierung der in der Musterbauordnung geregelten Anforderungen ist in § 85a Abs. 1 MBO 2016 die Ermächtigung enthalten, im Rahmen einer Verwaltungsvorschrift die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte und andere Anlagen und Einrichtungen durch Technische Baubestimmungen zu konkretisieren. Diese Verwaltungsvorschrift ist vom DIBt am 31. August 2017 als „Muster-Verwaltungsvorschrift der Technischen Baubestimmungen“ (MVV TB) veröffentlicht worden und wird voraussichtlich erst 2018 eingeführt bzw. von den Ländern als „Verwaltungsvorschrift der Technischen Baubestimmungen“ (VV TB) bekannt gemacht. Grundsätzlich wird in der MBO 2016 zwischen Bauprodukt und Bauart unterschieden:
Technische Baubestimmungen sind die durch öffentliche Bekanntmachung eingeführten, allgemein anerkannten Regeln der Technik.
„Bauprodukte sind:
1. Produkte, Baustoffe, Bauteile und Anlagen sowie Bausätze gemäß Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 305/2011, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden
2. aus Produkten, Baustoffen, Bauteilen sowie Bausätzen gemäß Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 vorgefertigte Anlagen, die hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden und deren Verwendung sich auf die Anforderungen nach § 3 Satz 1 auswirken kann.
Bauart ist das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen.“
Bauprodukte im Trockenbau sind z.B.:
- Plattenwerkstoffe, wie Gips(karton)- und Gipsfaserplatten, Mineralfaserplatten und Metallkassetten
- Dämmstoffe (Wärmedämmstoffe, Trittschalldämmstoffe, etc.)
- Unterkonstruktionsbauteile (Profile, Abhänger, Verbinder, etc.)
- Befestigungsmittel (Schrauben, Klammern, Dübel, Anker, etc.)
- Sonder-Bauprodukte mit Brandschutzanforderungen wie Schotts, Revisionsklappen, Türen, etc.
Bauarten im Trockenbau sind unter anderem
- Das Zusammenfügen eines Trockenbausystems mit Brand- und Schallschutzanforderungen.
Unter einem Bauteil versteht die Musterbauordnung Einzelteile oder Komponenten wie Wände, Decken, Dächer, Stützen.
Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB)
Die vom Deutschen Institut für Bautechnik, Berlin (DIBt) veröffentlichte „Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen“ (MVVTB) enthält ein Verzeichnis der Technischen Baubestimmungen, welche zur Erfüllung der Anforderungen der Bauordnungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte und andere Anlagen und Einrichtungen unerlässlich sind. Sie gibt die von den Bauprodukten und den Bauarten einzuhaltenden technischen Regeln wie z.B. DIN-Normen oder Prüfzeugnisse an und definiert, wie der Verwendbarkeitsnachweis zu führen ist. Die MVV TB bzw. VV TB sollte jedem Unternehmen des Trockenbaus und der Bauüberwachung vorliegen.
Die „Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen“ ist in vier Teile gegliedert:
A Technische Baubestimmungen, die bei der Erfüllung der Grundanforderungen an Bauwerke zu beachten sind
Beispiel: DIN EN 1990:2010-12 – Grundlagen der Tragwerksplanung, DIN 4109 – Schallschutz im Hochbau
B Technische Baubestimmungen für Bauteile und Sonderkonstruktionen, die zusätzlich zu den in Abschnitt A aufgeführten Technischen Baubestimmungen zu beachten sind
Beispiel: DIN 18168-1:2007-04 – Gipsplatten-Deckenbekleidungen und Unterdecken, DIN 18180:2014-09 – Gipsplatten - Arten und Anforderungen
C Technische Baubestimmungen für Bauprodukte, die nicht die CE-Kennzeichnung tragen, und für Bauarten
Beispiel: Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis für „Bauarten zur Errichtung von nichttragenden inneren Trennwänden“
D Bauprodukte, die keines Verwendbarkeitsnachweises bedürfen
Beispiel: Innentüren einschließlich Zubehör, Doppelböden und Hohlraumestriche mit einem lichten Abstand zur tragenden Decke von ≤ 0,5 m
Anhänge Zusätzliche technische Regeln und Anforderungen
Beispiel: Anhang 8 - Anforderungen an bauliche Anlagen bezüglich des Gesundheitsschutzes (ABG) – gilt für bauliche Anlagen, Bauteile und Baustoffe mit direktem und indirektem Kontakt zum Innenraum.
Die Bauproduktenverordnung (BauPVO) / Verordnung (EU) Nr. 305/2011
Die Bauproduktenverordnung legt harmonisierte Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten im europäischen Wirtschaftsraum fest. Sie hat am 1. Juli 2013 die Bauproduktenrichtlinie aus dem Jahr 1988 vollständig abgelöst. Vereinheitlicht wurden hier die Verfahren für die Nachweise der Bauprodukte, für die auf der Grundlage harmonisierter technischer Spezifikationen (harmonisierte europäische Normen (hEN) oder Europäischer technischer Bewertungen auf Grundlage von Europäischen Bewertungsdokumenten (European Assessment Document, EAD)) Leistungserklärungen des Herstellers erstellt werden müssen und die mit der CE-Kennzeichnung zu versehen sind. Die Bauproduktenverordnung selbst legt keine Anforderungen an Bauprodukte und Bauarten fest. Es werden hier aber die Verfahren für den Nachweis festgelegt, dass das Produkt die Anforderung der harmonisierten technischen Spezifikation erfüllt. Die Verwendung der Bauprodukte darf weder untersagt noch behindert werden, wenn die erklärten Leistungen den Anforderungen für dessen Verwendung in dem jeweiligen Mitgliedstaat entsprechen. Die Bauproduktenverordnung kennt neben dem Bauprodukt auch noch den Bausatz / KIT.
Der „Bausatz“ besteht in der Regel aus mindestens zwei unterschiedlichen „Komponenten“, woraus ein neues Bauprodukt entsteht, welches von einem Hersteller angeboten wird und dessen Komponenten vor dem Einbau zusammengefügt werden müssen. Komponenten eines Bausatzes sind herstellerabhängig oder in ihrer technischen Eigenschaft genau beschrieben. Bausätze können z. B. Raum-in-Raum-Systeme in Trockenbauweise aber auch Unterdeckensysteme sein. Die Kennzeichnung mit dem CE-Zeichen erfolgt für den gesamten Bausatz. Die Tätigkeit des Zusammenfügens eines Bausatzes auf der Baustelle ist eine Bauart, der Bausatz selbst ist ein Bauprodukt.
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